Aus schwer ahnender Bergeinsamkeit, dunklem Waldrauschen in Kärnten dringen Laute von Schafen, ertönt der mechanische Sound der Schermaschine. Geschorene Wolle fällt zu Boden. Auf transparenten Stoffbahnen wiegen sich Farne, die als lebendige Fossilien den ewigen Kreislauf des Lebens symbolisieren. Eine maskierte Frau mit langem schwarzem Haar steigt aus der spiegelnden Seeoberfläche. Als Kind der Nacht wandert sie wissend durch die Berglandschaft, die sich innerhalb von Sekunden vom Sehnsuchtsort zur Gefahrenquelle wandeln kann. Ist unser Schicksal vorbestimmt? Oder lässt es sich aktiv beeinflussen?
Evamaria Schallers aktuelle Ausstellung knüpft an ihre 2021 in der Galerie präsentierte Auseinandersetzung mit dem katholisch konnotierten Opferlamm an, das sich passiv seinem Schicksal hingibt. In „Destiny ́s Parasite“ liegt der Fokus nun auf der Figur Atropos, der dritten der griechischen Schicksalsgöttinnen, welche sich durch verschiedene Kulturen hinweg durch ihre Dreieinigkeit auszeichnen. Die Macht der Moiren erstreckt sich von Geburt bis Tod, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, verkörpern sie doch verschiedene Lebensstadien. Ein jeder Lebensfaden rinnt durch ihre Fingerspitzen, wird durch ihre Hand gesponnen sowie abgeschnitten. Atropos gilt als die Unabwendbare, die Zerstörerin, wenn das Leben durch ihren Eingriff so unvermittelt endet, wie es angefangen hat. Schnell kann jedoch der Faden als Netz gefangen machen, verleitet dazu, sich in lähmender Verpuppung begriffen fallen zu lassen. Auch der nach Atropos benannte Totenkopfschwärmer durchläuft innerhalb der Ausstellung verschiedene Stadien, bricht irgendwann als gelb-schwarzer Falter aus seiner Verschalung. Größtmögliche Metamorphose findet innerhalb kürzester Zeit statt, aber nur wenige Raupen entpuppen sich schließlich als vielfarbige Tagfalter. Wann brechen auch wir aus dem scheinbar vorbestimmten Zukunftskorsett?
Wer die Galerie wie durch eine Schleuse betritt, trifft zugleich eine Entscheidung, stellt sich dem eigenen Futurum. Zu Beginn führt die Künstlerin mit Blattgold bedecktem Gesicht verschiedenste Synonyme einer möglichen Zukunft auf, mutet als sprechende Goldmadonna fast künstlich generiert an. Was ist Zukunft in einer Welt, deren Existenz durch vielfältige Krisen zunehmend bedroht wird? Der Loop endet mit „Future ends“, beginnt erneut mit „Future is no future“. In weiteren Videos, aber auch Objekten nähert sich Schaller historischen wie aktuellen Auffassungen von Schicksal aus unterschiedlichen kulturellen Perspektiven, von Heilsversprechen über Filmtitel bis Tarotkarten. Ihre keramischen „Future Stones“ gleichen darüber hinaus archäologischen Fundstücken, sind angelehnt an archaische Keilschriften. Welche anthropologischen Spuren werden uns überdauern? Sind es wirklich die digitalen Endgeräte? Im letzten Raum findet sich schließlich die auf Gaze projizierte Videoinstallation „SCHÄFLICH“. Hier wechseln sich Bilder, Strukturen ab, reagieren aufeinander, entziehen sich einer fortlaufenden Narration. Offen bleibt, was unbestimmbar ist: die Zukunft.
Julia Stellmann
Penetrating noises of sheep and the mechanical sounds of the shearing machine ring out of the foreboding mountain loneliness and the dark rustling of the Carinthian forest. Shorn wool falls to the ground. A masked woman with long black hair rises from the mirrored surface of the lake. She wanders knowingly, as a child of the night, through the mountain landscape that can transform from a place of longing to a source of danger in a matter of seconds. Is our fate predetermined? Or can it be actively influenced?
Evamaria Schaller's upcoming exhibition follows on from her 2021 exhibition at the gallery, which explored the sacrificial lamb and catholic connotations it brings with it. The focus of "Destiny ́s Parasite" now lies with Atropos, the third of the Greek goddesses of fate and destiny, the unavoidable, the destroyer. Schaller explores historical and contemporary notions of fate from a wide range of cultural perspectives in both videos and objects.
Julia Stellmann
All exhibition views: Tamara Lorenz, 2023, Courtesy of the artist and MARTINETZ, Cologne
Opening hours:
Wednesday - Friday 1-6 PM
Saturday 12-4 PM
and by appointment
Contact:
Petra Martinetz
Moltkestr. 81
50674 Cologne
[mail@]petramartinetz.de
+49 221 5679432
© 2023 Petra Martinetz. Alle Rechte vorbehalten.
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